Neues Album - VÖ 11.08.2017
Die Zeit ist rund

CD-Cover  Die Zeit ist rund

 



Rodach

guitarist - composer


   
 




Rodach - Die Zeit ist rund

Poetisch ist auch der Titel des nunmehr sechsten Soloalbums von Michael Rodach, das nun acht Jahre nach dem letzten Album „Seltsam erscheint unsere Lage“ erscheint. Ein Bild das schillert, vom Anschwellen und Abrunden, von Aufbruch und Vollendung erzählt. So erscheint ihm die Zeit einerseits als eine Runde Sache, bei der nichts fehlt und nichts vermisst wird, andererseits aber auch als zyklisch in dem Sinne, dass sie uns immer wieder an den Anfang zurückkehren lässt. Für Rodach passt genau dieser leichte Widerspruch. „Ich mag diese gewisse Unschärfe, sie schafft Platz für das Unlogische, das Widersprüchliche“, sagt er „ Natürlich weiß ich nicht, ob die Zeit rund ist. Aber ich mochte zum Beispiel schon immer die runden Zifferblätter an Uhren. Sie drücken perfekt den Kreislauf aus, der sich immer wieder schließt, aber eben kein Ende darstellt, sondern immer wieder in die nächste Runde geht. Wenn wir unsere Geburtstage feiern, zählen wir, wie oft wir mit unserem Planeten um die Sonne gekreist sind.“

Wir assoziieren Zeit oft mit Vergänglichkeit, sprechen davon, wie sie verstreicht, vergeht, verrinnt und wie wenig greifbar sie ist. Insbesondere Abschiede führen uns das vor Augen. Michael Rodach erlebte in den letzten Jahren den Abschied von seinen beiden Eltern, eine Erfahrung, die sein Verständnis von Zeit nachhaltig beeinflusst hat. „Als das lange, durchweg schöne Leben meiner Eltern zu Ende ging, spürten wir Beteiligten das Phänomen Zeit. Die Zeit, die noch blieb und die, die vergangen war. Es war ein fast friedliches Begreifen, von Etwas, das zu Ende geht. In Bezug auf ihr Leben, konnten wir feststellen: „Das war eine runde Sache“. Ob es in diesem Fall in die nächste Runde geht, kann keiner sagen.“

Immer war Michael Rodach auf seinen Solo-Alben der Multi-Instrumentalist, Klangforscher, Tüftler, er entwickelte eigene Samples, horchte in alles hinein, war faszinierter Entdecker von allem, was Klang erzeugt. Insbesondere die zahlreichen Hörspiele, für die er Klang und Musik entwickelt und komponiert hat, zeugen von dieser Abenteuerlust. Ihm liegt es, sich in die Themen zu versenken, in die Tiefe zu tauchen, um neue Klänge und Atmosphären zu finden. Mit seinem neuen Album kehrt er nun auf ganz besondere Art und Weise zum Ausgangspunkt zurück. Wie keines seiner Alben zuvor ist „Die Zeit ist rund“ ein Gitarren-Album, und erforscht die unzähligen Klangfarben und Facetten dieses, wie Rodach sagt „herrlich unperfekten, und dadurch für mich perfekten Instrumentes. Ich liebe die Gitarre. Schon beim Stimmen, drehe ich an der Mechanik und über ein Zahnrad und eine Rolle verändere ich die Spannung der Saite, die dann in einem bestimmten Zeitraum schneller oder langsamer schwingt. Gitarre spielen heißt auch, dass ich meine Hände oder Finger, innerhalb eines Zeitraums, von einem Punkt an der Gitarre zu einem anderen Punkt bewegen muss. Wenn ich jetzt meine Arme schleudere, produziere ich lauter Kreise, weil sie natürlich an den Schultern befestigt sind. Das gleiche Prinzip gilt auch für die Hände und die Finger. Das heißt, dass ich beim Gitarrenspieler mit meinen Fingern und Händen lauter Kreisausschnitte produziere. Dadurch, dass es sich um´s Musikmachen handelt, sind diese Kreisausschnitte auch noch an die Zeit gekoppelt. Und in besonders hellwachen, bewußten, Momenten, wenn alles mit allem zusammen fließt, … dann ist die Zeit rund.“

Als großes Glück empfindet Rodach, in einer Welt aufgewachsen zu sein, in der er Zugang zu Musik aus unterschiedlichsten Bereichen hatte. In Hitchcock-Filmen faszinierte ihn die sagenhafte Musik von Bernhard Hermann, später begeisterten ihn Nino Rota und Brian Eno. Auf der anderen Seite war der Blues von John Lee Hooker eine Art Grundnahrungsmittel für ihn. So waren die verschiedensten musikalischen Stile für ihn Inspiration und haben sich dabei keineswegs gegenseitig gestört, sondern meist gut vertragen. "Jetzt, Jahre später fällt mir auf, dass ich beim Komponieren, ohne dass ich mir das vorgenommen hätte, oft Elemente des Blues mit musikalischen Stilistiken mische, die nicht unbedingt dem Blues zuzuordnen sind. In diesem Sinne ist "Die Zeit ist rund" fast ein Blues-Album geworden. Das 'musikalische Storytelling' ist für mich eine Eigenschaft des Blues und sehr oft die Basis meiner Kompositionen", sagt Rodach, nicht zuletzt, weil die meisten seiner Kompositionen zu Hörspielen und Theaterstücken geschrieben wurden. Zu Geschichten eben.

Das Storytelling setzt der Vergänglichkeit etwas entgegen. Verlust ist immer auch ein Verlust von Geschichte, Geschichten. Wer war dabei, wen können wir fragen? Wer trägt uns zu, was sich zugetragen hat? Solange Geschichten erzählt werden, bleibt Erinnerung lebendig. Rodach verzaubert dieses Geschichtenerzählen, fügt das Flüchtige, Brüchige und Schillernde zusammen, was er berührt und was ihn berührt wird zu Klang. Eine sehr runde Sache.